"Ehren"-Mord an Arzu erschüttert Deutschland

Die 18-jährige Arzu Özmen, die letzten November von ihrer eigenen Familie verschleppt worden war, ist nun tot aufgefunden worden. Vier Brüder und eine Schwester sitzen in Untersuchungshaft. Die Familie konnte es nicht akzeptieren, dass die junge jesidische Kurdin einen deutschen Freund hatte. Sie hatte damit ihre Ehre verletzt. Zum Gedenken an Arzu fand am 21.01.12 in Detmold ein Trauermarsch statt.

Arzu ÖzmenFälle wie die von Arzu sind leider keine Seltenheit, auch nicht in Deutschland. Laut der Studie des BKA "Ehrenmorde in Deutschland. 1996-2005" vom letzten Sommer werden jährlich 12 "Ehren"-Morde gerichtlich erfasst. In den meisten Fällen war eine unerwünschte Liebesbeziehung der Grund für die Tat. "In patriarchalischen Gesellschaften ist die Frau der Besitz des Mannes und trägt die Last der Ehre. Beschmutzt sie diese Ehre, indem sie z.B. unerwünschte bzw. außereheliche Beziehungen hat, kann die verlorene Ehre meist nur durch den Tod der Frau wiederhergestellt werden", erklärt Christa Stolle, Geschäftsführerin von TERRE DES FEMMES.

Wie TERRE DES FEMMES in einer Stellungnahme zur Veröffentlichung der BKA-Studie betont hat, besteht dabei ein enger Zusammenhang zwischen "Ehren"-Morden und Zwangsverheiratungen. "Um Mädchen und junge Frauen davon abzuhalten, die Ehre der Familie zu verletzen, was im Kern bedeutet, dass sie bis zur Hochzeit mit einem für sie ausgewählten Mann Jungfrau bleiben, werden sie möglichst früh verheiratet", führt Christa Stolle weiter aus. Die im November 2011 vom Bundesfamilienministerium veröffentliche Studie "Zwangsverheiratung in Deutschland - Anzahl und Analyse von Beratungsfällen" berichtet u.a., dass von den 3.443 von Zwangsverheiratung bedrohten oder betroffenen Personen, die im Jahr 2008 beraten wurden, knapp ein Drittel minderjährig war. Zudem sind verhältnismäßig viele JesidInnen betroffen, nämlich 9,5%.

TERRE DES FEMMES fordert die Bundesregierung auf, mehr für den Schutz von bedrohten Mädchen und Frauen zu tun. Frauenhäuser und andere spezialisierte Zufluchts- und Beratungsstellen sind von größter Notwendigkeit, da sie oft die letzte Möglichkeit für bedrohte bzw. betroffene Frauen darstellen. Ihre Finanzierung muss sichergestellt sein.

Lesen Sie unsere Presseerklärung zu der Studie "Zwangsverheiratung in Deutschland" und unsere gemeinsame Pressemitteilung mit der Bundestagsabgeordneten Ute Koczy (Bündnis 90/Die Grünen) zum aktuellen Fall.