TERRE DES FEMMES und zahlreiche UnterzeichnerInnen appellieren an die Bundesregierung

Keine Machtpolitik auf dem Rücken der Frauen: NEIN zur Erhöhung der Ehebestandszeit auf 3 Jahre
Dringender Appell an Bundeskanzlerin Angela Merkel, an die Bundesregierung und an die Bundestagsabgeordneten

Januar 2011

Am 20.01.11 wird das Gesetz zur Bekämpfung der Zwangsheirat, über das am 27.10.10 im Bundeskabinett abgestimmt wurde, in den Bundestag eingebracht. Zentrale Elemente des Gesetzesantrags sind ein eigener Straftatbestand zu Zwangsheirat und eine deutliche Verlängerung des Rechts auf Wiederkehr für Frauen, die im Ausland gegen ihren Willen verheiratet wurden.

 

Doch durch die Hintertür will die Bundesregierung mit diesem Gesetz Zuwanderung erschweren. Im Gesetzentwurf ist auch eine Erhöhung der Ehebestandszeit zur Erlangung eines ehepartnerunabhängigen Aufenthaltstitels von zwei auf drei Jahre vorgesehen.


Alle Personen, die im Rahmen des Familiennachzugs nach Deutschland kommen, können demnach erst drei Jahre nach Zuzug eine vom EhepartnerIn unabhängige Aufenthaltserlaubnis beantragen. Für alle zuziehenden EhepartnerInnen bedeutet diese Erhöhung ein weiteres Jahr in völliger Abhängigkeit vom PartnerIn. Eine Trennung ist das automatische Rückfahrticket ins Herkunftsland. Laut den letzten Migrationsberichten sind davon vor allem Frauen betroffen, denn es ziehen fast doppelt so viele Frauen wie Männer zu einem/einer Deutschen.


In einer Gewaltbeziehung würde die Gesetzesänderung ein weiteres Jahr Ehehölle für die Frauen bedeuten. Es existiert zwar eine Härtefallregelung für Gewaltbeziehungen, bei der die Zweijahresfrist aufgehoben werden kann. Die Beweislast liegt jedoch bei den Betroffenen. Die Nachweise mit Fotos und Zeugenaussagen zu erbringen, fällt ihnen oft sehr schwer. Außerdem wird den Betroffenen von den Ausländerbehörden und den Gerichten häufig nicht geglaubt. In vielen Fällen bleibt den Frauen nur das Ausharren in der Gewaltsituation.


Zurück ins Herkunftsland können die Frauen meist nicht, denn dort ständen sie im sozialen und ökonomischen Abseits und wären als geschiedene Frauen von der Gesellschaft geächtet. Die Begründung der Bundesregierung, dass mit der Erhöhung der Ehebestandszeit Scheinehen verhindert werden, scheint nur ein billiger Vorwand zu sein, um Zuwanderung nach Deutschland weiter zu begrenzen. Denn aktuelle Zahlen belegen, dass, seitdem die zweijährige Ehebestandszeit in Kraft getreten ist, sich die Zahl der Tatverdächtigen einer Scheinehe von 5.249 Personen im Jahr 2000 auf 1.698 im Jahr 2009 verringert hat . Für uns ist es nicht nachzuvollziehen, warum die Bundesregierung bei solch einer positiven Entwicklung Handlungsbedarf sieht.

Wir fordern die Bundesregierung auf, ihre politische Verantwortung gegenüber diesen Migrantinnen wahrzunehmen und bei der bisherigen Regelung von zwei Jahren Ehebestandszeit zu bleiben.


Die UnterzeichnerInnen:

  • Al Nadi Schöneberg - Zentrale Anlauf-& Beratungsstelle für arabische Frauen in Berlin
  • AGDW Arbeitsgemeinschaft Dritte Welt e.V.
  • Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen
  • BIG Koordinierung (Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen)
  • Bundesverband der Migrantinnen in Deutschland
  • Dagmar Freudenberg, Mitglied des Deutschen Juristinnenbunds
  • Diakonisches Werk Neukölln-Oberspree e.V. / Beratungsstelle UGRAK
  • Familienbildung Deutschland - Katholische Bundesarbeitsgemeinschaft für Einrichtungen der Familienbildung
  • Fatma Bläser
  • FIZ - Fraueninformationszentrum Stuttgart
  • Frauen helfen Frauen Tübingen e.V.
  • Frauenhauskoordinierung e.V.
  • FRAUENRAUM - Fachberatungs- und Interventionsstelle bei häuslicher Gewalt
  • Frauenzimmer e.V.
  • Gleichstellungsstelle für Frauen München
  • Gülsen Celebi, Rechtsanwältin
  • Güner Balci, Journalistin und Frauenrechtlerin
  • Interkulturelles Frauenzentrum S.U.S.I.
  • IN VIA Katholischer Verband für Mädchen- und Frauensozialarbeit – Deutschland e. V.
  • Marina Walz-Hildenbrand, Rechtsanwältin
  • Netzwerk Frauengesundheit Berlin
  • papatya - Anonyme Kriseneinrichtung für Mädchen und junge Frauen mit Migrationshintergrund
  • peri e.V. - Verein für Menschenrechte und Integration
  • PRO ASYL
  • pro familia Landesverband Berlin
  • pro familia Landesverband Brandenburg
  • pro familia Landesverband Bremen
  • Projekt "Heroes - gegen Unterdrückung im Namen der Ehre"
  • Seyran Ates
  • TERRE DES FEMMES – Menschenrechte für die Frau e.V.
  • Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V.
  • VIJ Verein für internat. Jugendarbeit Württemberg e.V.
  • Wildwasser e.V. Berlin
  • ZIF Kassel- Zentrale Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser